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Podiumsdiskussion Frauenfußball-EM in Herzogenaurach

Kurz nach dem Start der Fußball-EM, auf das sich das Team in Herzogenaurach vorbereitet hat, steht der Frauenfußball wieder im Fokus. Dieses Mal bei einem Meeting des Rotary Clubs Herzogenaurach, das mit dem Thema „Frauenfußball: Potenziale für Wirtschaft und Gesellschaft“ Gäste aus Düsseldorf, München und der Region zu einem interessanten Austausch gewinnen konnte.

Die Mitglieder des Rotary Clubs und hochrangigen Vertreter:innen aus Sport, Presse und Sportmarketing engagierten sich in einer von Frank Schneller äußerst lebendig moderierten Talkrunde und stellten klar, dass es letztlich – egal ob bei Frauen oder Männern – um den „Fußball“ als Sport geht - und nichts anderes...egal wer spielt. 

Einigkeit gab es zudem, dass auch aufgrund der EM das Thema Fußball der Frauen aktuell en vogue ist, jedoch leider nicht nachhaltig entwickelt wird. Das Interesse flacht selbst nach erfolgreichen Großveranstaltungen sehr rasch ab. Den Medien kommt eine wichtige Rolle in der Verbreitung des Fußballs der Frauen zu, welche sie aber nicht immer ausfüllen. „Es ist leider immer noch eine eventbezogene Begeisterung“, sagte Elisabeth Schlammerl, die Vizepräsidentin des Verbandes Deutscher Sportjournalisten (VDS). „Die Berichterstattung geht bei EM und WM rauf, kippt dann aber ab – die traditionelle Bundesligaberichterstattung wie bei den Männern findet bei den Frauen nur sehr spärlich statt. In 2011 beispielsweise ist eine große Chance vergeben worden, da die deutschen Frauen damals bereits im Viertelfinale der Weltmeisterschaft an Japan gescheitert und damit früh ausgeschieden waren. Es geht überall um Klick-Zahlen – lässt das Interesse der LeserInnen nach, sinkt auch die Bereitschaft der Medienhäuser, über Frauenfußball zu berichten.“

Zwei weitere Haupthürden sind die noch sich eher rar machenden Sponsoren sowie die Schaffung eines ordentlichen Basisregelwerkes von Seiten des DFB. Hier sind Länder wie England bereits erheblich weiter. „Equal Pay“, wie es erst kürzlich in den USA umgesetzt wurde und im Zuge der EM  u.a. von Bundeskanzler Scholz gefordert wird, ist eine nach Einschätzung der Runde in Deutschland weder durchsetzbare noch finanzierbare Forderung, was auch von Harald Sauer (1. FCN) bestätigt wurde: „In der zweiten Liga, in der wir spielen, besteht bereits die halbe Liga aus zweiten Mannschaften von Erstligisten.“ Das geforderte Grundgehalt von 2.000 bis 3.000 Euro brutto im Monat erhalten, wäre wünschenswert, es würde diesen Effekt indes gleichzeitig stimulieren, so Sauer – und sei aktuell ohnehin unrealistisch: „Wir würden dann mit zwei Spielerinnen auflaufen.“ Der Fokus liegt hierzulande auf „Equal Play“, d.h. für Frauen identische Trainings- und Spielbedingungen wie für die Männer schaffen. In den meisten Vereinen profitieren dabei die Frauenmannschaften von dem kommerziellen Erfolg der Männermannschaften. Dieses Bild ist interessanterweise laut Jürgen Kraft in Erlangen stark gedreht, wo die Frauenmannschaften dominanter und erfolgreicher sind als die Männer.

Bezogen auf „Equal Play“ stimmte Holger Schwiewagner, Geschäftsführer der Spielvereinigung Greuther Fürth, zu. Die dortige Frauenmannschaft spielt in der Bayernliga. „Wir haben uns für Equal Play entschieden. Wir wollen die Breite fördern. Wir bieten exzellente sportliche Voraussetzungen, sagen unseren Spielerinnen aber auch bewusst, die Schwerpunkte sind Schule, Ausbildung, Beruf. Haben wir eine Spielerin mit herausragendem Talent, sind wir bereit, sie abzugeben.“

Dennis Trautwein, Geschäftsführer Deutschland bei Octagon, dem weltweit größten Beratungsunternehmen für Sponsoring, verschaffte einen interessanten Blick hinter die Kulissen der Fußball-Vermarktung. Wirtschaftlich betrachtet handelt es sich beim Männer- bzw. Frauenfußball um zwei aktuell noch sehr unterschiedliche „Produkte“, die bei Sponsoren entsprechend unterschiedliches Interesse wecken. Aktuell sind 50% der Fans im Frauenfußball Männer...mit steigender Tendenz. Entsprechendes Storytelling zur Gewinnung langjähriger Sponsorenpartnerschaften ist dabei eine Aufgabe, der sich Vereine, Verbände und auch die einschlägige Sportpresse annehmen müssen. Sportausstatter PUMA, vertreten durch Helmut Fischer, trägt bereits durch speziell entwickelte Fußballschuhe und Trikots von Seiten der Sportausstatter zur Entwicklung des Fußballes für Frauen bei. „Die PUMA-Kampagne SHE MOVES US wird – u.a. – mitgetragen von den Fußballerinnen Nikita Paris, Ingrid Engen und Fridolina Rolfö. Sie ist die größte Social Media-Kampagne unseres Unternehmens mit einem riesigen Stellenwert. Es wäre sogar denkbar, dass die zwei großen Rivalen Adidas und Puma hier mal eine gemeinsame Aktion starten, aber da müsste der DFB auch mitspielen – und das ist derjenige, der so was immer wiederausbremst.“, so Fischer.

In den Diskussionen wurde zudem ein wesentlicher Unterschied zwischen den beiden Fußball-Geschlechtern herausgearbeitet: bei Frauen dominiert die Leidenschaft für den Sport und das Team - bei den Männern überwiegt der kommerzielle Gedanke. Dies wurde auch eindrücklich von Michaela Schmitt, Head Coach FC Herzogenaurach und Elisabeth Schlammerl unterstrichen.

Einen erweiterten und höchst interessanten Aspekt, nämlich den der gesellschaftlichen Verantwortung der Unternehmen, brachte Sören Zinner, mit dem Beispiel SCHAEFFLER aus dem Motorsport in die Diskussion ein. In Carrie Schreiner und Sophia Floersch hat Schaeffler zwei erfolgreiche Rennfahrerinnen als Markenbotschafterinnen. Der Direktor Corporate Sponsoring der Schaeffler Technologies AG & Co. KG sagte: „Wir wollen, dass es normaler wird, dass Mädchen auf die Kartbahn gehen, um die Grundgesamtheit an weiblichen Talenten zu erhöhen, damit es völlig normal wird, dass Frauen gegen Männer Auto fahren.“ Mit Carrie Schreiner und Sophia Floersch ist ein Anfang gemacht. Doch Zinner reicht der Blick auf den Sport nicht. Er sagte: „Wir wollen die Eintrittsbarrieren für junge Frauen und Mädchen deutlich niedriger machen – auch in Mechaniker- und Ingenieurs-Berufe. Diesen Transfer wollen wir ins Unternehmen schaffen. Schaeffler ist an ähnlicher Stelle wie der Motorsport: Man hat die Wichtigkeit eines Themas erkannt, ist aber noch nicht da, wo man hinwill.“

So sollte man also kräftig die Daumen drücken, dass die deutsche Nationalmannschaft die Europameisterschaft  so weiterspielt wie sie gestartet ist...und mit einem Titelgewinn den Grundstein für eine nachhaltige Entwicklung des Fußballs der Frauen legt. Und unabhängig  davon das Potenzial des Frauenfussballs für das eigene Marketing analysieren, regional oder national.

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